[1]Bis Anfang Juni 2020 fehlten rechnerisch in Oberfranken nach Aussagen eines örtlichen Landschaftsbauers noch rund 60 Liter Niederschlag pro Quadratmeter gegenüber dem langjährigen Mittel. Dieser Wert lag laut Landesamt für Umwelt in Bayern in den Jahren 1971 – 2000 bei 768 Liter pro m² und ist damit im Vergleich zu der Regenmenge in Südbayern extrem gering. 2018 reduzierte sich diese Menge dann sogar auf 439 und 2019 auf 574 l/ m² [2]. Fakt ist, in Nordbayern war in den vergangenen Jahren und insbesondere in den Sommermonaten eine extreme Wasserknappheit bemerkbar, die von seltenen, aber dann umso heftigeren Regenereignissen unterbrochen wurde. Dieser Umstand hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf den Wald, sondern auch auf den Aufwand von Pflegemaßnahmen an umfangreichen Gehölzpflanzungen rund um Freiflächen-Photovoltaikanlagen.
Eine Ausgleichsbilanzierung vergleicht im Zuge der Bauleitplanung regelmäßig die ökologische Qualität eines potenziellen Baugrundstücks mit seinem prognostizierten Zustand nach der Errichtung der Baumaßnahme. Dies gilt natürlich auch für die Errichtung von den Energieerzeugungsanlagen, für die ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss. Da weder die ökologischen Vorteile der Photovoltaikanlagen, wie die CO2-Minderung gegenüber der Erzeugung mit konventionellen Energieträgern, noch artenschutzrechtliche Vorteile hierbei einfließen, ergibt sich rechnerisch daraus immer ein negatives Ergebnis im Hinblick auf den Eingriff in die Natur und den erforderlichen Ausgleichsflächen, die entsprechend aufzuwerten sind. Das erfolgt überwiegend durch Anpflanzung von zertifizierten Gehölzen, die Sichtschutz und eine bessere Einbindung der technischen Elemente in die Landschaft bieten. Im konkreten Fall eines 10 ha großen Baufeldes umfasst diese Pflicht beispielsweise die Anpflanzung von 2.000 Gehölzen an einer einzigen Freiflächen-PV-Anlage.
Dabei wird im Bebauungsplan festgelegt, dass diese Gehölze zu pflegen, für die Dauer der Nutzung zu erhalten und bei Ausfall gleichwertig zu ersetzen sind. Um das zu bewerkstelligen und gleichzeitig vom ausführenden Landschaftsbaubetrieb eine Gewährleistung erhalten zu können, wird eine Fertigstellungspflege bis zur Abnahme beantragt sowie eine Entwicklungspflege nachfolgend für zwei weitere Jahre. Neben Hacken, Jäten, Mulchen und Freimähen umfasst die Pflege vor allem auch das Wässern der Gehölze. Naturgemäß findet sich auf Freiflächen-Photovoltaikanlagen, die entlang von Verkehrskorridoren oder auf Acker- oder Konversionsflächen errichten wurden, kein Anschluss an die örtliche Wasserversorgung. Das erforderliche Wasser zum Gießen muss demnach mit einem Tankfahrzeug aufwändig gefördert werden. [3]
Während es in der Vergangenheit üblich war, dieses Wasser in Abstimmung mit den Behörden aus offenen Gewässern zu entnehmen, kann vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung mit einer derartigen Zustimmung nur noch selten gerechnet werden. Um ein Minimum an Wasser in Flüssen und Bächen für die ökologische Funktionalität aufrecht zu erhalten, ist eine Entnahme in Trockenphasen unter Strafandrohung strengstens verboten. Die geringe Aussicht auf die Erlaubnis rechtfertigt ohnehin den Aufwand nicht mehr, der für die Entnahme aus Gewässern erforderlich ist: Von der Antragstellung bei der unteren Wasserbehörde mit Angabe von Entnahmestelle, Menge und Zweck, über die Prüfung des aktuellen Wasserstandes am geplanten Entnahmezeitpunkt und einer qualifizierten Messung der entnommenen Wassermenge bis hin zur Abrechnung und Dokumentation des Vorgangs gegenüber der Behörde.
Gerade in den Phasen von lang anhaltender Trockenheit, wenn der Bewässerungsbedarf sein Maximum erreicht, ist die Aussicht auf eine behördliche Zustimmung zur Wasserentnahme aus offenen Gewässern sehr unwahrscheinlich. Um die Lebensbedingungen der Gehölze dennoch zu erhalten, müssen also immer häufiger alternative Beschaffungsmethoden ins Auge gefasst werden. Ökologisch sinnvoll wäre beispielsweise eine Zisterne, die Wasservorräte aus regenreichen Tagen für die spätere Verwendung speichert. Voraussetzung dafür sind größere Sammelflächen, Leitungen und ein unterirdischer Tank mit entsprechender Größe, der einer Baugenehmigung bedarf.
Ausgehend von erforderlichen fünf Bewässerungsgängen pro Jahr mit jeweils ca. 20 m³ Wasserbedarf, summiert sich die erforderliche Menge für die Dauer der drei verpflichtenden Jahre Pflege auf rund 300.000 Liter. Danach darf von einer Selbstversorgung der Pflanzen nach erfolgter Durchwurzelung des Bodens ausgegangen werden.
[4]Üblicherweise beschränkt sich die versiegelte Fläche einer Freiflächen-Photovoltaikanlage auf die kleinen Zaunfundamente und die Gründungen weniger Transformatorenstationen. Offene Rammprofile tragen die Modultische und erhöhen kaum die Versiegelungsfläche. Mehr als 98 Prozent des Baufeldes bleiben also vegetativ verfügbar. Das unverschmutzte Regenwasser läuft von der Glasoberfläche der Module ab, tropft durch die Montagefugen und wird so breitflächig versickert und eben nicht gefasst abgeleitet, um es etwa in einer Zisterne zu bevorraten. Auch die temporäre Nutzung der Wassermenge spricht eher dafür, den Wasserbedarf aus dem kommunalen Trinkwassernetz zu decken und vom nächstliegenden Hydranten mit dem Tankfahrzeug zur Verwendungsstelle zu bringen. Dies erfordert neben der Bereitschaft und Zustimmung der Gemeinde ebenfalls eine Messung als Grundlage der Abrechnung, samt entsprechender personeller Betreuung. Angesichts des Aufwandes, lebenswichtiges Trinkwasser in ausreichender Menge und Qualität bereitzustellen, steht man dort einer Entnahme nicht überall positiv gegenüber.
Die beschriebene Wasserknappheit begünstigt die Vermehrung des Borkenkäfers, der den gestressten Waldbäumen Schaden in einem nie dagewesenen Umfang zufügt. Die toten Bäume fallen für die Aufnahme von CO2 zur Sauerstoffproduktion aus. Schneller als erwartet schreitet der Klimawandel mit ungebremster Temperaturerhöhung, Trockenheit und Extremwetterlagen voran. Für den Umbau unserer Lebens- und Wirtschaftsweise bleibt immer weniger Zeit. Radikale Änderungen in allen Bereichen stehen bevor. Der Ausbau der Photovoltaik ist in diesem Zusammenhang nur ein Baustein zur klimafreundlichen Stromerzeugung. Niedrige Betriebskosten stärken dabei auch den Standortvorteil der deutschen Wirtschaft und machen das Land unabhängiger von Energieimporten. Darüber hinaus könnte die Berücksichtigung der ökologischen Vorteile der Photovoltaik kostensenkende Wirkung entfalten, wenn diese in die Ausgleichsbilanzierung einflössen. Zusätzlicher Flächenbedarf für den Ausgleich wäre dann entbehrlich, die Anzahl der zu pflanzenden Gehölze würde verringert und der Wasserbedarf dafür gleichzeitig reduziert.
Wasser ist Leben und einer der wichtigsten Lebensgrundlage des Menschen.
Autorin: Dipl. Ing. FH Christine Tranziska (Architektin)
Weitere Quelle: LFU Bayern [5]