Interview I: Volker Quaschning über Katowice und das Energiesammelgesetz

Der Nikolaus hat uns bei IBC SOLAR in diesem Jahr ein besonderes Geschenk gebracht. Am 6. Dezember war Prof. Dr. Volker Quaschning Gast in unserem Competence Center. Hier lesen Sie im ersten Teil unseres Interviews mit dem Energiewende- und Photovoltaikexperten, was er sich von der Klimakonferenz in Katowice erhofft und warum ihn das neue Energiesammelgesetz sprachlos macht.

Noch bis zum 14. Dezember tagen im polnischen Katowice die Teilnehmer der UN-Klimakonferenz. Was erhoffen Sie sich?

Unter den derzeitigen politischen Vorzeichen in Deutschland wie auch international ist nicht so viel zu erwarten. Deutschland wird ganz klar seine Klimaschutzziele verfehlen, so wie viele andere Länder auch. Aber die Klimakonferenz ist wichtig, weil sie Aufmerksamkeit erzeugt, das sehen wir an der Zunahme der medialen Berichterstattung im Vorfeld. Ich erwarte, dass durch Katowice auch der politische Druck zunimmt, sodass wir in Deutschland endlich eine Politik bekommen, mit der Klimaschutz wieder möglich ist. Das ist bei der derzeitigen deutschen Energiepolitik nicht mal ansatzweise der Fall.

Erwarten Sie konkrete Ergebnisse?

Die UN-Klimakonferenz hat 2015 in Paris schon sehr konkrete Ergebnisse gehabt, nämlich das internationale Ziel, die Klimaerwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Im aktuellen Bericht des Klimarats IPPC steht nun schwarz auf weiß: Wenn die Weltgemeinschaft dieses Ziel wirklich erreichen will, brauchen wir bis 2040 eine Energieversorgung, die komplett ohne fossile Energieträger auskommt. Das bedeutet Klimaneutralität. In Deutschland ist das momentan ein Wunschtraum und ich hoffe, dass da der politische und gesellschaftliche Druck zunimmt.

Volker Quaschning im IBC SOLAR Competence Center

Haben Sie einen Rat an unsere Umweltministerin Svenja Schulze, die Deutschland in Katowice vertritt?

Ja, schon. Momentan gibt es viele verschiedene Lobbygruppen, die versuchen, einen schnelleren Klimaschutz zu verhindern. Damit verhindern sie aber nicht nur den Klimaschutz, sondern auch, dass Deutschland seine wirtschaftliche Vorreiterrolle auf Dauer behält. Andere Länder, wie China, gehen mittlerweile viel ambitionierter mit dem Ausbau erneuerbarer Energien voran und es ist völlig klar, dass deutsche Konzerne in 20 Jahren sicher keine Braunkohlebagger und Verbrennungsmotoren mehr in die Welt verkaufen werden. Und deshalb wäre es sehr gut, wenn Frau Schulze sich auch gegenüber ihren Ministerkollegen durchsetzt und nicht immer nur Industriepolitik für alte Technologien die Priorität Nr. 1 in Deutschland hat.

Stichwort Energiesammelgesetz – Ihr Standpunkt?

Was soll man dazu sagen. Am Anfang war ich erst einmal sprachlos. Ziel des EEG ist es schon lange nicht mehr, die Energiewende zu ermöglichen. Vielmehr zielen die ganzen Novellen inzwischen darauf ab, dass der Ausbau der Erneuerbaren den Zielkorridor auf keinen Fall überschreitet – Stichwort „atmender Deckel“. Das ist jetzt auch wieder das Ziel des Energiesammelgesetzes. Es gibt zwar neue Ausschreibemengen für Freiflächen, dafür werden aber die Bedingungen für Aufdachanlagen verschlechtert. Das ist im Hinblick auf unsere Klimaziele völlig absurd, denn Ziel der ursprünglichen Koalitionsvereinbarung war es ja, die Ausbaumengen insgesamt zu erhöhen, um so die Deckungslücke beim Klimaschutz zu reduzieren.

Aus meiner Sicht wird mit dem Energiesammelgesetz gezielt versucht, den Markt für Photovoltaik weg von den kleinen Akteuren, hin zu den großen Akteuren, den Energiekonzernen zu verschieben. Und die EU wird als Buhmann vorgeschoben.

Hier lesen Sie den zweiten Teil unseres Interviews!

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