Photovoltaikanlagen für den gewerblichen Eigenverbrauch werden für das Strom abnehmende Unternehmen maßgeschneidert. Dazu benötigt der Planer die Information, wann und wie viel Energie vom Unternehmen im Laufe eines Jahres verbraucht wird.
Wie das optimale, für ein Unternehmen maßgeschneiderte PV-System tatsächlich aussieht, lässt sich anhand des individuellen Lastprofils eines gewerblichen Betriebs und des Erzeugungsprofils des PV- Systems errechnen. Dabei kann das Erzeugungsprofil der PV berechnet, simuliert oder anhand von bestehenden Anlagen ermittelt werden. Da jedes Unternehmen über ein individuelles Verbrauchsverhalten verfügt, ist in der Praxis die Ermittlung des Lastprofils recht komplex. Ein Lastprofil teilt ein gesamtes Jahr in viertelstündliche Verbrauchswerte des Unternehmens auf und zeigt somit sehr detailliert den Stromverbrauch zu unterschiedlichen Tageszeiten, Wochentagen und Jahreszeiten. Für alle Lastprofile gilt: Je optimaler sich die PV-Erzeugungskurve mit der Lastkurve des Lastenprofils deckt, umso höher ist die Eigenverbrauchsquote, die für den produzierten Solarstrom erreicht werden kann. In der Praxis bilden die Lastprofile sowohl branchenspezifische wie auch individuelle Besonderheiten des Unternehmens ab. Für den Planer sind sie die Grundlage, um die PV-Anlage gemäß den individuellen Bedürfnissen und Erwartungen zu konzipieren.
Wie ermittelt der Planer das Lastprofil?
1. Stromversorger führen in der Regel ab einer Abnahmemenge von 100.000 kWh/Jahr Lastgangmessungen durch. Diese erfassen im Viertelstundentakt den Lastgang eines Unternehmens und erstellen aus den Daten ein Profil, das die entsprechend genauen Angaben zum Energieverbrauch des Unternehmens über ein Jahr festhält. Der Verbraucher kann dieses Lastprofil bei seinem Energieversorger anfragen und an den Planer bzw. Installateur weiterreichen.
2. Für kleinere Unternehmen mit einer Stromabnahme bis ca. 100.000 kWh/Jahr existieren sogenannte Standardlastprofile (SLP) vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW). Sie zeigen typische, normierte kundengruppen- oder branchenbezogene Verbrauchsmuster. Der BDEW bietet 12 Standardlastprofile an, bei denen nach Kundengruppen mit ähnlichem Stromabnahmeverhalten unterschieden wird. Jedes einzelne unterscheidet außerdem Werktage, Samstage und Sonntage sowie unterschiedliche Jahreszeiten. Bei den SLP handelt es sich um eine Vereinfachung, bei der davon ausgegangen wird, dass das jeweilige Profil durchschnittlich von der jeweiligen Verbrauchergruppe abgenommen wird. Die SLP sind also nur Annährungen. So entspricht das tatsächliche Verbrauchsprofil eines Gewerbes nie exakt einem der Standardlastprofile – die Wahl eines Profils ist daher immer mit einer gewissen Unschärfe verbunden. In der Praxis wählt der Planer für seinen Kunden ein passendes SLP aus, ermittelt zusätzlich den Energieverbrauch des vorigen Jahres und ergänzt seine Daten gegebenenfalls zusätzlich durch eine Messung vor Ort. Sind für die Zukunft größere Änderungen im Stromverbrauch zu erwarten, beispielsweise durch eine Erweiterung des Maschinenparks, können diese im Lastprofil berücksichtigt werden.
3. Eine dritte Möglichkeit ist eine mindestens zweiwöchige Messung vor Ort mit einem Lastgangmessgerät, von der auf das Jahreslastprofil geschlossen wird. Diese kann natürlich auch mit einem SLP kombiniert werden.
Besonderheiten unterschiedlicher Lastprofile
So verschieden wie die Gewerbebetriebe sind auch die Lastprofile. Die folgenden drei individuellen Lastprofile und drei Standardlastprofile (jeweils für eine 7-Tage-Woche) wurden auf folgender Berechnungsgrundlage erstellt: 20 kWp PV-System, 20.000 kWh Jahresverbrauch, Erzeugung 960 kWh/kWp. Die rote Kurve stellt das Lastprofil des Unternehmens dar, die blaue Kurve die Erzeugungskurve der PV-Anlage.
Beispiel A: Altenheim, 36,6% Eigenverbrauchsquote. In diesem Betrieb wird montags bis sonntags gearbeitet. Jeweils am Vormittag gibt es eine deutliche Verbrauchsspitze, die jedoch am Wochenende weniger stark ausgeprägt ist. Auch außerhalb der Arbeitszeiten ist der Grundstrombedarf konstant hoch.
Beispiel B: Möbelproduktion, 38% Eigenverbrauchsquote. In diesem Betrieb wird von Montag bis Freitagmittag produziert. Deutlich zu erkennen ist die Mittagspause, in der der Stromverbrauch stark abnimmt. Auch in der Nacht wird nur wenig Strom benötigt. Freitagnachmittag und über das Wochenende ruht die Produktion, der Stromverbrauch sinkt fast auf null.
Beispiel C: Maschinenbau mit Kunststoff-Spritzguss, 35% Eigenverbrauchsquote. In diesem Betrieb läuft die Produktion montags bis freitags und zum Teil auch am Samstagvormittag. Ab Samstagnachmittag sinkt der Strombedarf annähernd auf null, während unter der Woche auch in der Nacht ein konstant hoher Verbrauch festgestellt werden kann.
Die folgenden drei Standardlastprofile zeigen deutlich die Unterschiede verschiedener Gewerbetypen:
Beispiel D: Gewerbetyp Laden, 41,3% Eigenverbrauchsquote. Die Erzeugung der PV-Anlage deckt sich weitgehend mit den typischen Öffnungszeiten von Montag bis Freitagmittag. Deutlich zu erkennen ist eine Mittagspause sowie ein verbleibender Stromverbrauch in der Nacht, der beispielsweise von Kühlsystemen herrührt.
Beispiel E: Milchviehbetrieb, 34,5% Eigenverbrauchsquote. Hier zeigt das typische Lastprofil einen „Melkpeak“ am Morgen und am Abend. Weisen Lastprofile solche regelmäßigen Verbrauchsspitzen am Vormittag und Nachmittag auf, bietet sich gegebenenfalls eine Ausrichtung der PV-Anlage nach Osten und Westen an. Im Gegensatz zu der üblichen Südausrichtung wird die Erzeugungsspitze am Mittag reduziert und die Stromproduktion stärker in die frühen Morgenstunden und den Abend verlagert. In der Praxis bieten sich ballastarme Ost-West-Systeme besonders für Flachdächer an, die nur mit wenig zusätzlicher Auflast belegt werden können.
Beispiel F: Bäckerei, 33,1% Eigenverbrauchsquote. Der Hauptstrombedarf einer Bäckerei liegt während der Hauptproduktionszeit in der Nacht und in den frühen Morgenstunden. Um die Eigenverbrauchsquote signifikant zu erhöhen, bietet sich für diesen Gewerbetyp der Einsatz eines Batteriespeichers an, mit dem die Nutzung des PV-Stroms in die Nachtstunden verschoben werden kann.