Von der Einspeisung zur Einsparung: Paradigmenwechsel in der PV
[1]Beim gewerblichen Eigenverbrauch handelt es sich im weitesten Sinne um ein Energiekonzept für das Unternehmen, welches die individuellen technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Aus Sicht des Unternehmers, besonders im mittelständischen Sektor, spielt die langfristige Versorgungssicherheit mit günstigem Strom eine wichtige Rolle. Denn immer weiter steigende Stromkosten belasten Unternehmen zunehmend und stellen für den Gewerbetreibenden eine planerische Unsicherheit dar. Bei der Eigenversorgung mit PV-Strom hingegen ist sicher: Der Preis für Sonnenstrom bleibt über 25 Jahre konstant.
Bisherige Praxis: PV-System als Renditeobjekt
Im bisherigen Modell der Volleinspeisung werden 100% des erzeugten Stroms ins öffentliche Netz eingespeist, unabhängig vom Energiebedarf des Unternehmens. Im Gegenzug erhält der Anlagenbetreiber 20 Jahre lang eine staatlich garantierte Festvergütung für jede eingespeiste Kilowattstunde (kWh). Bei dieser Praxis ist es also sinnvoll, eine Maximalbelegung von Dächern und Flächen anzustreben, um eine möglichst hohe PV-Leistung installieren und möglichst viel Strom voll vergütet einspeisen zu können. Mit der Absenkung der Einspeisevergütung wird die Wirtschaftlichkeit geringer, da die Einspeisevergütung im Verhältnis stärker sinkt als die Systemkosten. Wirtschaftlichkeit bei Volleinspeisung ist heute in der Praxis kaum noch darstellbar.
Neu: PV-System als Eigenverbrauchslösung
Im Modell des Eigenverbrauchs wird der erzeugte PV-Strom primär selbst verbraucht und nur der Überschuss noch ins Netz eingespeist und mit der Einspeisevergütung vergütet. Hier liegt auch der finanzielle Vorteil: Den Anteil des selbst verbrauchten PV-Stroms muss der Anlagenbetreiber nicht aus dem öffentlichen Netz beziehen und spart sich somit diesen Teil des Strombezugs vom Energieversorger ein.
Da die aktuellen Strombezugskosten in der Regel höher sind als die Einspeisevergütung, ist es vorteilhafter, den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen, bevor er ins Netz eingespeist wird. Steigende Strombezugskosten erhöhen den Vorteil des Eigenverbrauchs zusätzlich. Aktuell liegt der Strompreis für kleine und mittlere Unternehmen zwischen 15 und 21 ct/kWh und ist in den letzten Jahren um durchschnittlich 4% p.a. gestiegen. Wer hingegen heute eine PV-Anlage in Betrieb nimmt, hat die Sicherheit, seinen eigenen Strom über 25 Jahre zu konstant niedrigen Kosten zu produzieren (vgl. Blogbeitrag zu Stromgestehungskosten [3]).
Beachten muss man hierbei, dass es sich beim finanziellen Vorteil des Eigenverbrauchs um eine Ersparnis handelt (vermiedene Strombezugskosten), während im Fall der Einspeisung eine direkte Vergütung durch den Energieversorger erfolgt. Diese Tatsache muss der Unternehmer speziell in der Finanzierung der Anlage berücksichtigen.
Der Anteil des PV-Stroms, der selbst verbraucht werden kann, hängt maßgeblich von der Anlagengröße, der Verwendung von Speichersystemen und dem Verbrauchsverhalten des Unternehmens ab. Je mehr Strom während der Erzeugungszeiten der PV-Anlage verbraucht wird, umso größer ist die sogenannte Eigenverbrauchsquote [4]:
Maßgeschneiderte Anlagen = maßgeschneiderte Wirtschaftlichkeit
Der Hauptunterschied zu früheren Volleinspeisesystemen liegt in der bedarfsgerechten Anlagenplanung. Im ersten Schritt wird das Verbrauchsverhalten des Unternehmens analysiert, also wann wieviel Energie verbraucht wird. Im zweiten Schritt wird das PV-System auf den Energiebedarf des Unternehmens zugeschnitten. Die wichtigste Stellgröße ist dabei die Anlagengröße. Wird die Anlage zu groß ausgelegt, kann nur ein geringer Teil der erzeugten Energie selbst verbraucht werden. Der Überschuss muss somit zu einem geringeren Vorteil (relativ niedrige Einspeisevergütung) ins Netz eingespeist werden, was die Rendite des Systems reduziert. Wird die Anlage zu klein gewählt, kann zwar nahezu die gesamte produzierte Energie selbst verbraucht werden, aber die resultierende Energiekosteneinsparung im Verhältnis zu den Gesamtenergiekosten des Unternehmens ist relativ gering (hohe Rendite, aber niedriger Gesamtgewinn).
[6]In der Praxis wird der Unternehmer für sich entscheiden, was ihm wichtiger ist: eine hohe Eigenkapitalrendite oder ein hoher Gesamtgewinn. Basierend auf dieser Erwartung definiert der Planer die optimale Anlagengröße, die in der Regel kleiner ausfallen wird, als bei einer Volleinspeiseanlage.
Rechenbeispiele zum Verhältnis von Anlagengröße, Eigenkapitalrendite und Nettoüberschuss sind im nebenstehenden PDF aufgeführt (zum Vergrößern bitte anklicken).
Vorteile des Eigenverbrauchs für den Unternehmer
Die Investition in Anlagen zum gewerblichen Eigenstromverbrauch bietet für Unternehmen durch reduzierte Stromkosten und einen langfristig stabilen Strompreis wichtige Planungssicherheit in Bezug auf die Betriebskosten. Mit dieser Perspektive entstehen für Gewerbetreibende wirtschaftliche Einsparpotentiale und finanzielle Spielräume für anderweitige Investitionen. Durch stetig steigenden Strompreise und die Möglichkeit, sich kostengünstig mit Strom selbst zu versorgen, ergeben sich daher Kostenvorteile. Für viele Eigenstromnutzer wichtige Zusatzaspekte sind auch die Unabhängigkeit vom Energieversorger und der Imagegewinn, der sich aus der Nutzung des sauberen Sonnenstroms ergibt. Dies alles führt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.
Gastautor: Sebastian Geier, Strategischer Produktmanager
Vorschau auf die nächsten Blogbeiträge dieser Serie:
„Was sind Lastprofile?“
„Einfluss von Anlagengröße- und Ausrichtung auf den Eigenverbrauch“