Es ist Wahlkampf und im Oktober wird die EEG-Umlage voraussichtlich erneut erhöht. Beide Anlässe sind ein gefundenes Fressen für diejenigen, denen am Ausbremsen der Erneuerbaren Energien gelegen ist. Doch so einige Behauptungen der in den Medien geführten Strompreisdebatte lassen einen stutzen. In diesem Blogbeitrag möchte ich daher die Funktionsweise des sogenannten Ausgleichsmechanismus erklären, der zur Berechnung der EEG-Umlage dient.
Wie funktioniert der Ausgleichsmechanismus (AusglMechV)?
Zum 1. Januar 2010 trat eine grundlegende Änderung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus [1] zum Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft (§ 1 AusglMechV). Damit wurde faktisch die derzeit viel diskutierte EEG-Umlage als Teil des Strompreises [2] in ihrer heutigen Form eingeführt. Die wichtigsten Inhalte:
- Der Ausgleichsmechanismus regelt die Vermarktung des aus Erneuerbaren Energien (EE) erzeugten Stroms, für den eine bestimmte Einspeisevergütung garantiert wird.
- Die Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind nicht mehr dazu verpflichtet, den aus Erneuerbaren Energien erzeugten Strom abzunehmen und zu vermarkten. Sie zahlen jedoch die festgelegte Einspeisevergütung für jede Kilowattstunde an die Betreiber der EE-Anlagen.
- Stattdessen werden bereits die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) dazu verpflichtet, den EE-Strom abzunehmen und zu vermarkten. Die Vermarktung erfolgt über den Handel an der Strombörse. Hier wird für den Strom ein Börsenpreis erzielt.
- Der verbleibende Differenzbetrag zwischen der vom EVU gezahlten Einspeisevergütung und dem vom ÜNB erzielten Börsenpreis wird auf den Strompreis für Endverbraucher umgelegt – Endverbraucher sind private Stromkunden und das Gewerbe. Diese EEG-Umlage beträgt derzeit rund 5,3 ct/kWh netto, für sogenannte „privilegierte Unternehmen“ (stromintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb) reduziert sich die Umlage auf bis zu 0,05 ct/kWh netto. Zum Oktober 2013 wird die Umlage auf wahrscheinlich auf bis zu 7 ct/kWh steigen.
Auswirkungen und Verzerrungen
In der Praxis wird die Funktionsweise des Ausgleichsmechanismus vor allem durch zwei Entwicklungen erheblich verzerrt:
- Ausnahmeregelungen zur Befreiung von Unternehmen von der EEG-Umlage
- Gesunkene Börsenstrompreise
Ausnahmeregelungen: Mittlerweile haben rund 2.400 Unternehmen, darunter Fast-Food-Restaurants, Golfplätze und Supermärkte, einen Ausnahmeantrag auf Befreiung [3] von der Zahlung der vollen Umlage für das Jahr 2014 gestellt!
Dem Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) zufolge subventionieren Haushalte und Kleingewerbe Großabnehmer über ihre Stromrechnung im laufenden Jahr mit mehr als sieben Milliarden Euro [4]. Demnach summieren sich allein die Ausnahmereglungen für energieintensive, das heißt „privilegierte“ Unternehmen von der EEG-Umlage im Jahr 2013 auf mehr als 4,3 Milliarden Euro. Diese Unternehmen sind damit bis zu 100-fach besser gestellt als private und sonstige gewerbliche Stromabnehmer! Daher untersucht die EU im Herbst (nach der Wahl) die rechtliche Grundlage und eine eventuell verzerrte Wettbewerbssituation.
Börsenstrompreis: Besonders durch die Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom fällt der Börsenstrompreis [5] immer häufiger auf ein Rekordtief (Merit Order Effekt [6]). Damit werden auch die Einkaufspreise für Großabnehmer, die den Strom direkt zum Börsenpreis beziehen, gedrückt. Insgesamt betrage laut IWR die Entlastung für Großabnehmer, die sich direkt an der Börse eindecken können, rund drei Milliarden Euro. „Die Haushalte subventionieren die Ausnahmeregelungen und die Rekordtiefs bei den Strompreisen für Großabnehmer über eine steigende EEG-Umlage“ [7], sagte IWR-Direktor Norbert Allnoch.
Diese Preistiefs an der Strombörse, von denen auch die Energieversorgungsunternehmen profitieren, kommen aber bei den übrigen Stromverbrauchern nicht an. Die Strompreise für Endverbraucher steigen weiter und in der öffentlichen Diskussion wird die EEG-Umlage fälschlich mit der Förderung der Erneuerbaren Energien gleichgesetzt und pauschal dafür verantwortlich gemacht.
Tatsächlich sind beide Behauptungen falsch:
- In der untenstehenden Grafik wird deutlich sichtbar, dass die EEG-Umlage allein nicht für den Gesamtanstieg der Strompreise zur Verantwortung gezogen werden kann. [8]
- Schaut man sich auch die aktuelle anteilige Zusammensetzung der EEG-Umlage an (vgl. Grafik „Bestandteile“), wird deutlich, dass die reinen Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren nicht einmal die Hälfte der EEG-Umlage betragen. [9]
Fazit
In ihrer Grundidee sollten die EEG-Umlage und deren Berechnungssystem (Ausgleichsmechanismus) für einen ehrlichen und transparenten Ausgleich der Kosten für die Umstellung auf eine Erneuerbare Energieversorgung in Deutschland sorgen. In der Praxis hat sich der Ausgleichsmechanismus jedoch als ungeeignet erwiesen. Heute benötigen wir, verursacht durch Ausnahmeregelungen und Stolperfallen, viel Aufklärungsarbeit bei den Stromkunden, um keinen (möglichweise gewollten!?) Unmut gegen die Erneuerbaren Energien und damit die Energiewende zu erzeugen.
Die Erneuerbaren Energien dürfen nicht über ihren eigenen Erfolg stolpern, indem weiterhin am nicht-zeitgemäßen Ausgleichsmechanismus festgehalten wird. Die faktischen preissenkenden Effekte von Sonne- und Windenergie müssen endlich bei den Verbrauchern ankommen! Das ist die wohl denkbar einfachste und unkomplizierteste Strompreisbremse, zusätzlich zum Eigenverbrauch von Solarstrom vom eigenen Dach.