„Warum sollte man die Module einer Freiflächenanlage nach Osten und Westen ausrichten, wenn der Solarertrag bei Südausrichtung doch am größten ist?“
Diese Frage stellen sich viele Interessierte, wenn sie das erste Mal von einer Ost-West-Freiflächenanlage hören. Beträgt doch der Minderertrag einer Ost-West-Anlage im Vergleich zu einer Südanlage im Durchschnitt knapp 14 Prozent.
Doch im Gegenzug sind die Betriebs- und Investitionskosten von Ost-West-Anlagen geringer, denn die spezielle Bauweise der Module als „kleine Dächer“ führt zu einer besseren Ausnutzung der Fläche. So kann im Vergleich zur Südausrichtung beinahe die doppelte Modulleistung realisiert werden. Entsprechend verteilen sich die Pachtkosten des Grundstücks auf mehr Leistung, was dazu führt, dass die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde (kWh) sinken. Das Gleiche gilt natürlich auch für weitere Fixkostenblöcke, wie zum Beispiel Projektentwicklungs- und Netzanschlusskosten.
Durch die Ausrichtung nach Osten und Westen ist die Erzeugungskurve pro Kilowattpeak (kWp) gegenüber einer Südanlage etwas niedriger in der maximalen Leistung, was folgende Abbildung zeigt:
Diese geringere Maximalleistung pro kWp führt dazu, dass mehr Module auf einen Wechselrichter verschaltet werden können, um diesen besser auszulasten. Somit werden in Summe weniger Wechselrichter benötigt, was niedrigere Investitionskosten zur Folge hat.
Ist die bebaubare Fläche begrenzt, so bietet das Ost-West-Einspeiseprofil vor allem bei gewerblichem Eigenverbrauch Vorteile, da eine größere Menge an Strom selbst verbraucht werden kann. Dies wird in folgenden Abbildungen verdeutlicht (zum Vergößern anklicken):
Die im Unternehmen selbst verbrauchte Strommenge (= gelbe Fläche) ist bei einer Ost-West-Anlage in der oben dargestellten Tageskurve um 46 Prozent größer als die einer nach Süden ausgerichteten PV-Anlage. Dies resultiert vor allem daraus, dass die Ost-West Anlage mit 2,8 MWp eine fast doppelt so große Nennleistung wie die Südanlage mit 1,5 MWp besitzt – und das bei gleicher genutzter Montagefläche.
Bei der Dimensionierung der PV-Anlagengröße und deren Ausrichtung sollte deshalb immer das Stromverbrauchsprofil des jeweiligen Unternehmens sowie die Größe der nutzbaren Montagefläche beachtet werden. Oftmals sprechen die Fakten klar für ein Ost-West-Design.
Durch den Anstieg der Bezugspreise für Strom aus dem öffentlichen Netz und den damit einhergehenden Kosteneinsparpotentialen durch Eigenverbrauch [4] wird die Wirtschaftlichkeit Ost-West designter Anlagen weiter verbessert. Das bedeutet nach 20 Jahren Betriebszeit mehr Profit in absoluten Zahlen – trotz zunächst höherer Gesamtinvestitionskosten. Für die Unternehmen eröffnen sich hier wichtige Wettbewerbsvorteile und finanzielle Spielräume durch die Senkung von Betriebskosten.
Ein Beispiel aus der Praxis: Photovoltaikanlage „Hölzengraben“
[5]Im Juli 2013 wurde im Gewerbegebiet Hölzengraben im Stadtgebiet von Kaiserslautern eine Ost-West-Freiflächenanlage mit 6,4 MWp in Betrieb genommen. Der erzeugte Strom wird anteilig von zwei anliegenden Industrie- und Gewerbeunternehmen als Eigenversorgungseinheit genutzt. Die IBC SOLAR AG hat die Ost-West-Anlage als Generalauftragnehmerin im Auftrag der WVE GmbH Kaiserslautern [6] konzipiert und errichtet.
Warum ist man nicht schon früher auf die Idee gekommen, im Ost-West-Design zu bauen?
Erst durch den starken Rückgang der Systemkosten und dem stetigen Anstieg der Strombezugskosten aus dem öffentlichen Netz – bei gleichzeitig sinkender Einspeisevergütung – wird die Wirtschaftlichkeit der Ost-West-Ausrichtung immer attraktiver. Das gilt vor allem für Anlagen, die dem gewerblichen Eigenverbrauch dienen. Auch Stadtwerke [7] tendieren inzwischen häufig zu Ost-West-Anlagen.
Fazit:
Nach Ost-West ausgerichtete Freiflächenanlagen sind eine interessante Alternative zu Südanlagen. Vor allem für Stadtwerke und Industriekunden könnte „Ost-West“ das neue „Süden“ werden.